Traditionelle Thai-Massage

Die traditionelle Thai-Massage (TTM ) ist eine Massage-Technik, die in Thailand unter der thailändischen Bezeichnung Nuad Phaen Boran (Thai: นวดแผนโบราณ) bekannt ist, was soviel bedeutet wie „uralte heilsame Berührung“. Im westeuropäischen Raum nennt sie sich auch Thai-Yoga-Massage.

Die Thai-Massage besteht aus passiven, dem Yoga entnommenen Streckpositionen und Dehnbewegungen, Gelenkmobilisationen und Druckpunktmassagen. Zehn ausgewählte Energielinien (Thai: สิบเส้น- sip sen), die nach ayurvedischer Lehre den Körper als energetisches Netz durchziehen, werden über sanfte Dehnung und mit dem rhythmischen Druck vonHandballen, Daumen, Knien, Ellenbogen und Füßen bearbeitet. Die originale Thai-Massage findet bekleidet auf einer Bodenmatte statt. Traditionell dauert sie 2½ Stunden und zeichnet sich durch ihren dynamischen kraftvollen Aspekt aus.

Geschichte und Herkunft  

Die Yogaelemente (Fisch, Pflug, Brücke, Zange etc.) der Thai-Massage und die Terminologien verweisen auf einen indischen Ursprung. In ihrer Bezeichnung und ihrem Verlauf ähneln die Energielinien der Thai-Massage (Thai: เส้น – sen) den in Indien gebräuchlichen Energielinien (prana-nadis): Sen Sumana (thai – เส้นสุมนา)- Sushumna nadi (sanskrit), Sen Ittha (thai – เส้นอิทา)- Ida nadi (sanskrit), Sen Pingkhla (thai – เส้นปิงคลา)- Pingala nadi (sanskrit).

Die Urheberschaft der Thai-Massage wird dem nordindischen Arzt Jīvaka-Komārabhacca (andere Schreibweise: Jivakar Kumar Bhaccha) zugerechnet. Noch heute wird er in Thailand als „Vater der Medizin“ verehrt und in einer Andacht (thai: Wai Khru – ไหว้ครู) zu Beginn der Thai-Massage erwähnt („Om Namo Jivago..“).

Die traditionelle Thai-Massage ist auch in ihrer heutigen Praxis dem Buddhismus verbunden. Sie wird mit Metta (im südlichen Buddhismus gebräuchlicher Begriff für liebende Güte) angewandt. Die Meister sind in der Regel tief religiöse Menschen, die die Massage im Zustand der Achtsamkeit, des Gleichmuts, des Mitgefühls und der anteilnehmenden Freude ausführen.

Wirkungsweise nach traditionell asiatischer Lehre  

Fundament der Thai-Massage ist das ayurvedische System der 72.000 Energielinien (nadis), von denen in der Thai-Massage zehn (sip sen – สิบเส้น) bearbeitet werden. Über diese Energielinien, auf denen die sogenannten Marmapunkte (Energiepunkte) liegen (im japanischen Shiatsu als Akupressurpunkte bekannt), wird der Mensch nach aryurvedischer Lehre mit Prana (Lebensenergie) versorgt. Prana kann dem Körper über die Atmung zugeführt werden. In den Dehnpositionen der Thai-Massage verbraucht die Muskulatur Sauerstoff und der Mensch wird angeregt, tiefer zu atmen. Intensive Druckmassagen bewirken ebenfalls eine verstärkte Atmung. Ein tiefer Atem fördert Entspannung und Regeneration (vermehrtes Prana).

In der Lehre der Thaimassage korrespondiert der Druck auf bestimmte Marmapunkte und Energielinien mit der Linderung unter anderem folgender körperlicher Leiden:

  • Kopfschmerzen
  • Übelkeit
  • Verstopfung
  • Durchfall
  • Ohrensausen(Tinnitus)
  • Schlafstörungen
  • Schock
  • Husten
  • Knieschmerzen
  • Rückenschmerzen
  • Schwindel

Aus wissenschaftlicher Sicht:

  • Druckpunktmassagen regen die Blutzirkulation an.
  • In der Dehnung kann die Muskulatur entspannen.
  • Yogapositionen beeinflussen das skelettomuskuläre System und wirken sich auf  die Körperhaltung aus.
  • Twists, Beugungen und Streckungen der Wirbelsäule können durch Zug intensiviert werden und haben einen Effekt auf die körperliche Beweglichkeit.
  • Positionen, in denen die Beine angehoben werden, fördern die Durchblutung und den Lymphfluss.
  • Die Rotation der Gelenke trägt zur Produktion von Synovialflüssigkeit und damit zu körperlicher Geschmeidigkeit bei.
  • In der Tiefenentspannung wird der Parasympathicus aktiviert, so dass die inneren Organe vermehrt durchblutet und der Stoffwechsel angeregt wird.
  • Achtsame Berührung kann körperliches Wohlbefinden auslösen und Hebetechniken können zueinem Gefühl der Geborgenheit führen.

Verbreitung

In Thailand ist die Thai-Massage selbstverständlicher Teil des Alltags:

  • Sie wird im familiären Umfeld oder von örtlichen Meistern zur Gesundheitsvorsorge praktiziert.
  • Zur Regeneration findet sie in Krankenhäusern Anwendung.

Seit den 1990er Jahren wird die traditionelle Thai-Massage bzw. Thai-Yoga-Massage auch im Westen gelehrt und verbreitet. Asokananda (Harald Brust, 1955-2005) war einer der ersten Europäer, der die Thai-Massage über die Grenzen Thailands hinaus bekannt machte und international Lehrer ausbildete. In Deutschland wird die Thai-Massage in Yogazentren, Spas, Spa-Hotels und Privatpraxen ausgeübt.